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Stadtwald - Vergangenheit & Gegenwart


Habt Ehrfurcht vor dem Baum, er ist ein einziges großes Wunder, und euren Vorfahren war er heilig. Die Feindschaft gegen den Baum ist ein Zeichen von Minderwertigkeit eines Volkes und von niederer Gesinnung des einzelnen.

Alexander Freiherr von Humboldt (1769 - 1859)



Wald - Bache mit Frischlingen
Wald - Bache mit Frischlingen

Der Bad Orber Stadtwald hat heute eine Fläche von 2280 Hektar, was 22,8 km² entspricht.

Die Höhenlage liegt zwischen 220m und 480m ü.NN bei einem jährlichen Niederschlag von ca. 900mm (900Liter/qm). Die Klimatönung ist schwach bis mäßig subatlantisch, was im Frühsommer durch das Blühen des Roten Fingerhut sehr imposant angezeigt wird.
Zur Geschichte des Orber Stadtwaldes

In Bad Orb hat die Waldentwicklung und -nutzung etwa folgenden Verlauf genommen:

Nachdem Orb als Schenkung 1064 an Mainz ging, verfügte es über ausreichend Waldungen, um eine Saline zu betreiben. Diese Schenkung wirkt im Waldbesitz der Stadt bis heute nach und war die Voraussetzung, die Salzquellen überhaupt wirtschaftlich nutzen zu können.

(Werner Schulze-Seeger schreibt in seinem Buch „Von der Salzstadt zum Heilbad“ 1992: „Daß Orb heute einen so ausgedehnten Stadtwald besitzt, verdankt es dieser mehr als 900 Jahre zurückliegenden Schenkung. Ein eindrucksvolles Beispiel für die langfristige Wirkung für historische Geschehnisse. Die Bedeutung dieses Waldes für die Jahrhunderte lang arbeitende Saline mit ihrem riesigen Holzbedarf kann gar nicht hoch genug eingeschätzt werden“). Daraus ergibt sich eine Verpflichtung für die Zukunft, dieses Vermögen für die Stadt dauerhaft zu erhalten.

Der Orber Gemeindewald bestand wohl schon im Mittelalter aus reinem Niederwald (Stockausschlag), „Reißig“genannt, der in einem Umtrieb von 25- 30 Jahren bewirtschaftet wurde. Vor allem Eichen und Hainbuchen wurden alle 30 Jahre geerntet. Die einfachste Form der Planung ist, die zur Verfügung stehende Fläche in 30 gleich große Flächen einzuteilen und jährlich 1/30 zu ernten (Normalwaldmodell). Dieses Modell wurde später auch in der geregelten Forstwirtschaft auf sogenannte Monokulturen angewandt, um die Massennachhaltigkeit sicher zu stellen. Diese Form des Wirtschaftens sagt nichts über die Qualität, die Natürlichkeit oder Zukunftsfähigkeit der Waldbewirtschaftung aus.

Zu ihren besten Zeiten hatte die Saline eine Jahresproduktion von 40.000 Zentnern (= 2.000 Tonnen). Der Holzverbrauch war entsprechend groß. Er betrug 4.000 bis 5.000 Klafter Scheitholz, was etwa 20.000 Raummeter Holz entspricht. Dazu kamen noch bis zu 400.000 Wellen aus den dünneren Ästen. Wellen sind Bündel von 1 Meter Länge und 30 cm Durchmesser (= 28.000 Raummeter). Damit war der Wald als Teil der Saline eine wichtige Erwerbsquelle für die Bevölkerung.

Wie viel Holz damals im bis 10 Meter hohen Niederwald durchschnittlich je Hektar stand, wissen wir nicht genau, können dies aber anhand von in Mitteleuropa noch vorhandenen Vergleichsflächen schätzen. Der Vorrat beträgt dort 30-50 Festmeter Derbholz (>7cm) je Hektar. (Zum Vergleich stehen heute im Stadtwald 370 Vorratsfestmeter je Hektar)

Um die benötigten Holzmengen bereitstellen zu können, griff man auch auf Holz umliegender Wälder zurück.

Legt man den durchschnittlichen Vorrat, die Umtriebszeit und den Verbrauch zugrunde, ergibt sich eine erforderliche Fläche von rund 9.000 Hektar. Das deckt sich auch mit den Angaben, nach welchen der Orber Brennholzwald bis an die Jossa reichte.

Vor allem die großen Mengen höherwertigen Bauholzes zum Unterhalt der Gradierhäuser konnten sicher nicht im Orber Reisig gewonnen werden. Hier ist bekannt, dass das Holz, ausschließlich Eiche, aus Kassel, Wiesen und Alsberg eingekauft werden musste.

220-jährige Lärchen im Stadtwald lassen den Schluss zu, dass bereits zur damaligen Zeit, also noch zu Hochzeiten der Salinenwirtschaft, mit Nadelholz erste Anbauversuche unternommen wurden. Möglicherweise sollte die Lärche auch planmäßig als Bauholz dienen. Auch 150- jährige Fichten und Kiefern zeigen, dass nicht bis zum Ende der Saline gewartet wurde um den Niederwald in einen Hochwald umzubauen.

In die bayerische Zeit zwischen 1814 und 1866 fallen in Orb verstärkt Maßnahmen, die man heute Konjunkturprogramme nennen würde, um die bittere Armut zu mildern. Dazu zählten Aufforstungsprogramme der Niederwaldflächen. Man spricht von Kiefern- und Fichten- „Anbauwellen“. Bei der Fichte hielten diese bis in die 1950er Jahre an.

Daneben sollten Erwerbsquellen geschaffen werden. Im Stadtwald wurden hunderte von Kohlplatten in die Hänge gegraben. Dort wurde vor allem das Reisig verkohlt und an die umliegenden Eisenhämmer und nach Bieber zur Verhüttung der Erze geliefert.

Während „schlechter Zeiten“ wurden bis in 20.Jahrhundert die Menschen im Wald mit Kulturarbeit beschäftigt, um ihnen wenigstens ein Minimum an Arbeit zu geben.

Weiterhin ging man an eine planmäßige Erschließung der Waldflächen mit Wegen. Dazu wurden neue Trassen angelegt und viele Wege mittels Steinpacklagen (gestückt) befestigt, was die Erosionen der Fuhrwege verhinderte.

1913 musste die Stadt Bad Orb rund 1.300 Hektar ihrer Waldfläche zur Errichtung eines Truppenübungsplatzes verkaufen.

Wildtiere und Jagd

Es ist nicht davon auszugehen, dass die Wildbestände im Orber Bereich vor 1880 allzu hoch waren. Dazu war der Nutzungsdruck zu groß, das Wild hätte den Stockausschlag weitestgehend gefressen und eine Energieholzgewinnung somit unmöglich gemacht. Wilderei aufgrund erbärmlicher Lebensverhältnisse hielt den Wildstand ebenfalls niedrig. Seit 1861 ist die Orber Jagd ununterbrochen verpachtet. In den Anfangsjahren dieser Verpachtung an die sog. Frankfurter Jagdgesellschaft spielte nur das Rehwild (Rehbock) eine Rolle. Daneben gab es Auer- und Birkhühner, die in den lichten Reisigbergen und ankommenden Kiefernwäldern gute Biotope vorfanden. Erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts kam das Rotwild (Hirsch) in Orb auf. Es wurde herangehegt, da es sich ob seiner Trophäe um eine begehrte Wildart handelte, die als Hochwild früher jagdlich nur dem Adel vorbehalten war und auch heute noch weitestgehend den finanziell besser gestellten Jägern zur Jagdausübung vorbehalten ist. Heute kommen neben den wiederkäuenden Pflanzenfressern Rot- und Rehwild noch die alles fressenden Wildschweine in erheblichen Mengen vor. Die Population ist in den vergangenen 30 Jahren aufgrund günstiger Lebensbedingungen so stark angestiegen, dass die Strecke in dieser Zeit um das 25-fache angestiegen ist. Die Beutegreifer Wolf, Bär, Luchs und Wildkatze waren in ganz Deutschland verbreitet und wurden vom Menschen als Konkurrenten und Gefahr für seine Lebensgrundlagen (Vieh) ausgeschaltet. Luchs und Wildkatze sind wieder zurück, der Wolf schickt sich an, verlorenes Areal zurück zu erobern. Sie werden aber weiterhin von Schafzüchtern und vor allem Jägern als Konkurrenten wahrgenommen, die eine Ausbreitung verhindern wollen.
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